Okular-Auswahl (Brennweitenauswahl) - Anwendung Teil 2

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Auf dieser und weiteren Seiten befasse ich mich mit der Auswahl von geeigneten Okularbrennweiten für die eigenen (oder geplanten) Teleskope sowie mit der Beurteilung, ob vorhandene (oder geplante) Okulare für diese Teleskope geeignet sind und zueinander passen. Ausgangspunkt sind dabei Empfehlungen auf der Grundlage der Größe der Austrittspupille, die ich in der Literatur bzw. im Internet gefunden und die ich in eigenen Empfehlungen "konsolidiert" habe.

Übersicht

Ich möchte hier noch einmal betonen, dass ich ein Anfänger bin, diese Auswahlkriterien in der Literatur bzw. im Internet gefunden habe, und nun versuche, sie auf meine Ausrüstung anzuwenden, in der Hoffnung dass diese Information auch für andere Anfänger nützlich ist. Ich bin weit davon entfernt, Empfehlungen für bestimmte Okulare geben zu können - dazu fehlt mir die nötige Erfahrung. Aber das Internet ist ja voll von solchen Empfehlungen...

Hinweis: Einige nützliche Definitionen finden sich auf der Seite Kleines Astronomie-Glossar.

 

Einführung

Aktueller Stand...

Auf der vorigen Seite habe ich aufgrund der von mir aus Empfehlungen aus dem Internet und Büchern konsolidierten "eigenen" Empfehlungen" (Kriterium Austrittspupille) zusammengestellt, welche Okularbrennweiten für meine Teleskope Sinn machen würden und die untenstehende Tabelle erhalte (zudem habe ich eingetragen, welche Okularbrennweiten ich bereits besitze):

Kriterien Austritts-
pupille
Okular-Brennweite
C8
150PDS
TLAPO1027
PS72
  127
Kategorie Einsatzgebiet
f >
10
6,3
5
7
6
11,81
    von bis Empf. Vorh. Empf. Vorh. Empf. Vorh. Empf. Vorh. Empf. Vorh. Empf. Vorh.
Maximales Gesichtsfeld Aufsuchen 7
10
70-100
---
44-63
---
35-50
35, 38, 40
49-70
40
42-60
35, 38, 40, 56
83-118
32
Minimalvergr. / großes Gesichtsfeld Übersicht, großflächige Nebel 4,5
6,5
45-65
40, 56
28-41
32
22-33
24, 28, 32, 32
31-36
35
27-39
28, 32, 32, 35, 38, 40
53-77
32
Normal-
vergrößerung
Großflächige, flächenlichtschwache Nebel; Nebel, offene Sternhaufen 3,5
4
35-40
35, 38, 40
22-25
24
17-20
16
24,5-28
24, 26, 28
21-24
24
41-47
32
Optimal für viele Objekte, z.B. für die meisten Galaxien, und mittelgroße DSO 2
3
20-30
18, 24, 28, 32, 32
12,5-19
16
10-15
10, 16
14-21
16
12-18
10, 16, 18
24-36
24, 32

Maximal-
vergrößerung / Maximale Auflösung

"Normale" Obergrenze für die Vergrößerung; Kugelsternhaufen 1
1,5
10-15
10-16
6,3-9,5
7, 10
5-7,5
7, *
7-10,5
7, 10
6-9
7
12-18
10, 16
Maximale Wahrnehmbarkeit kleiner, kontrastarmer Details; planetarische Nebel, kleine Galaxien; Maximalvergrößerung für Planeten und Mond 0,6
0,8
6-8
7
3,5-5
4
3,0-4,0
4
4,2-5,6
4
3,5-5
4
7-9,5
7, 10
Trennen enger Doppelsterne, kleine planetarische Nebel; Wahrnehmung schwächster Details 0,4
0,5
4-5
4
2,5-3,2
*
2,0-2,5
*
2,8-3,5
*, 4
2,4-3,0
*
4,7-6
4, 7

*) Möglich mit Explore Scientific-Fokalextender (2 x, 3 x, 5 x); fett: 2"-Okular; kursiv: nicht möglich; magenta: zur Evaluation ausgeliehen (2"); grau: nicht mehr in meinem Besitz

Wirkliche Lücken tun sich bei meinem Okularpark mit 8 Brennweiten und zusätzlich 3 Fokalextendern nicht auf. Bestenfalls sind Lücken bei kurzbrennweitigen Okularen sichtbar, aber diese ließen sich durch Kombination längerbrennweitiger Okulare mit Fokalextendern erreichen. Lediglich Größe und Gewicht dieser Kombinationen könnten stören. Trotzdem "juckt" es einen immer wieder, weitere Okulare hinzuzukaufen oder vorhandene durch neue zu ersetzen. Für den TLAPO1027 käme zum Beispiel noch ein 20 mm-Okular in Betracht.

Blick zurück...

Da die aktuelle Situation nicht so hilfreich ist, gehe ich einmal zeitlich zurück zu einem Zeitpunkt, an dem ich nur die drei UWA-Okulare (4, 7 und 16 mm), das 28 mm-Okular zum Explorer 150PDS und das 32 mm-Plössl-Okular zum Befestigen einer Kamera besaß (auch keine Fokalextender...). Dann sähe die Situation ohne den neuen TLAPO1027 folgendermaßen aus:

Kriterien Austritts-
pupille
Okular-Brennweite
  150PDS
    PS72
        127
Kategorie Einsatzgebiet
f >
5
6
11,81
    von bis Empf. Vorh. Empf. Vorh. Empf. Vorh.
Maximales Gesichtsfeld Aufsuchen 7
10
35-56
32
40-56
32
32-40
32
Minimalvergr. / großes Gesichtsfeld Übersicht, großflächige Nebel 4,5
6,5
24-32
28, 32
28-38
28, 32
32-40
32
Normal-
vergrößerung
Großflächige, flächenlichtschwache Nebel; Nebel, Sternhaufen 3,5
4
16-20
16
20-24
16
32-40
32
Optimal für viele Objekte, z.B. für die meisten Galaxien, Kugelsternhaufen und mittelgroße DSO 2
3
10-15
16
12-18
16
24-32
32

Maximal-
vergrößerung / Maximale Auflösung

"Normale" Obergrenze für die Vergrößerung 1
1,5
5-7,5
4, 7
6-9
7
12-18
16
Maximale Wahrnehmbarkeit kleiner, kontrastarmer Details; planetarische Nebel, kleine Galaxien; Maximalvergrößerung für Planeten und Mond 0,6
0,8
3,0-4,0
4
3,5-5
4
7-10
7
Trennen enger Doppelsterne, kleine planetarische Nebel; Wahrnehmung schwächster Details 0,4
0,5
2,0-2,5
--
2,5-3,0
--
5-6
4, 7

*) Möglich mit Explore Scientific-Fokalextender (2 x, 3 x, 5 x); fett: 2"-Okular

Jetzt stellt sich also die Frage, wo Lücken in den Okular-Brennweiten bestehen und sich deshalb Ergänzungen des Okularsatzes anbieten würden. Im Prinzip geht es dabei um einen "Soll-Ist"-Vergleich: die Empfehlungen geben für die vorhandenen Teleskope in den einzelnen Kategorien Brennweitenbereiche vor, und in der "Vorh."-Spalte ist eingetragen, ob der Bereich mit den vorhandenen Okularen bedient (oder fast bedient) werden kann. Ich gehe das im folgenden für meine drei Teleskope durch.

150PDS

PS 72/432

SM-127

Was könnte eine gute Ergänzung sein?

Alles in allem habe ich im Laufe der Zeit diese Lücken bewußt oder unbewußt, auch durch den Erwerb von Fokalextendern, geschlossen. Allerdings muss ich mich immer dazu aufraffen, die Fokalextender zu benutzen, denn der resultierende Aufbau ist dann schon recht "monströs" (die Qualität aber im allgemeinen recht gut...).

Was wird nicht bei all dem nicht beachtet?

Die hier beschriebene Auswahl von Okularbrennweiten beruht auf der Austrittspupille als Auswahl- oder Einsatzkriterium. Dieses Kriterium orientiert sich am Einsatzfeld der Okulare, ist aber längst nicht das einzige, das bei der Auswahl von Okularen und Okularbrennweiten in Betracht gezogen werden kann. Insgesamt ist die Auswahl von Okularen und Okularbrennweiten ein sehr komplexes Thema, das die meisten Hobbyastronomen während ihrer gesamten Hobby-Zeit beschäftigt. Ich möchte hier nicht weiter auf diese Dinge eingehen, sondern nur einige Kriterien aufzählen, die bei der Auswahl von Okularbrennweiten anhand der Austrittspupille "unter den Tisch fallen", also nicht betrachtet werden:

Die Vergrößerung führt wie die Austrittspupille direkt zu einer Okularbrennweite, die anderen Kriterien eignen sich eher für den Vergleich von Okularen mit ähnlicher oder gleicher Brennweite - oder dienen auch als "Alleinstellungsmerkmal".

Bildwinkel

Verschiedene Okulartypen besitzen ein unterschiedlich großes scheinbares Gesichtsfeld, so etwa zwischen 40 und 110 Grad. Deshalb ist es möglich, das gleiche Gesichtsfeld mit Okularen zu erreichen, die unterschiedliche Brennweiten und scheinbare Gesichtsfelder besitzen. Wenn man ein Online-Tool wie den Okularrechner von astronomy.tools verwendet (siehe unten), scheint es, als ob diese Varianten gleichwertig seien. Doch das sind sie nur in Bezug auf das Gesichtsfeld, denn sie vergrößern unterschiedlich und haben dementsprechend auch eine unterschiedliche Austrittspupille (die sich bei einem bestimmten Teleskop aus der Vergrößerung bzw. der Okularbrennweite ergibt). Dies möchte ich an einem Beispiel für das PS 72/432verdeutlichen:

Das Bild im 28 mm-Okular ist also bei etwa gleichem Himmelsausschnitt kleiner und heller als im 24 mm-Okular. In wieweit solche Helligkeitsunterschiede signifikant sind und die Größenunterschiede das Erkennen feiner Strukturen beeinflussen, ist eine empirische Frage und kann nicht anhand von reinen Zahlen entschieden werden. Ich persönlich bevorzuge Okulare mit etwas mehr Vergrößerung und Bildwinkel auf Kosten der Austrittspupille, weil ich damit Details besser erkennen kann. Andere Sternfreunde mögen andere Vorlieben besitzen....

"Heranpirschen" an die Seeing-Grenze bei kurzen Brennweiten

Ein Sternfreund hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es bei höheren Vergrößerungen nützlich sein kann, eine Reihe fein abgestufter Okulare zu besitzen, um das optimale Okular für eine Grenzsituation (maximale Vergrößerung bei optimalen Details) finden zu können. Er hat in diesem Bereich sogar eine Sammlung von Okularen mit 1 mm Abstufung...

Weiteres...

Natürlich gibt es noch weitere Eigenschaften von Okularen, wie zum Beispiel das Einblicksverhalten, der Augenabstand und andere, die bei diesen Überlegungen nicht berücksichtigt werden. Nicht umsonst sind viele Hobby-Astronomen ständig damit beschäftigt, ihren Okular-Park zu "optimieren".

 

Interaktive Auswahl mit Astronomy Tools

Während ich Zahlen bevorzuge, bevorzugen andere Sternfreunde interaktive Werkzeuge. Für die Okularauswahl bietet sich der Gesichtsfeldrechner (FOV calculator) von astronomy.tools an, auf den mich ein Sternfreund für diesen Zweck aufmerksam gemacht hat. Ich selbst habe ihn für andere Zwecke verwendet, nämlich die Berechnung der Himmelsausschnitte für Kameras.

Man kann ein Himmelsobjekt vorgeben (typischerweise ein Messier-Objekt), das man zum Beispiel beobachten oder fotografieren möchte, dazu die Daten seines Teleskops eingeben, die Okulardaten eingeben (einschließlich Brennweitenverlängerern oder -verkürzern) und erhält dann eine Grafik, die anzeigt, welchen Himmelsausschnitt um das angegebene Himmelsobjekt man sieht. Zu einem Okular (und Teleskop) berechnet das Programm verschiedene Daten, und wenn man mehrere Okulare spezifiziert hat, zeigt es diese auch für mehrere Okulare an. Auf diese Weise kann die Grafik anzeigen, wie die einzelnen Okulare zueinander passen.

Abbildung: Field of View Calculator von Astronomy Tools, Teleskop C8, "Standard-Okular" und M 42 ausgewählt. Darunter erscheint die Anzeige (siehe nächste Abbildung)

Abbildung: Anzeige des Field of View Calculator von Astronomy Tools für das Teleskop C8, die demonstriert wie ein 56 mm-Okular den Nebel M 42 zeigt

Abbildung: Anzeige des Field of View Calculator von Astronomy Tools für das Teleskop C8, die demonstriert wie vier Okulare den Nebel M 42 zeigen; zwei davon haben ein identisches scheinbares Gesichtsfeld

Dabei erscheint der Sehwinkel nur noch als Kreis, aber nicht mehr als Zahlenwert, obwohl noch Platz dafür vorhanden wäre. Wenn man Okulare mit ähnlichem Sehwinkel spezifiziert wie in der Abbildung oben, überlagern sich die Texte in der Grafik, und man sieht nur noch den zuletzt spezifizierten Text. Meiner Meinung nach ist also noch Verbesserungspotential vorhanden...

Abbildung: Anzeige des Field of View Calculator von Astronomy Tools für das Teleskop C8, die demonstriert wie diese vier Okulare den Nebel M 27 zeigen; zwei davon haben ein identisches scheinbares Gesichtsfeld

Abbildung: Hier wurde das zuletzt hinzugefügte Okular gelöscht und erneut hinzugefügt; danach erschien es in einer anderen Farbe, so dass besser zu sehen ist, dass zwei Ringe für zwei Okulare mit identischem Sehwinkel vorhanden sind.

Abbildung: Hier wurde M 57 (Ringenebel) ausgewählt und ein 10 mm- (gut 200-fache Vergrößerung) und ein 7 mm-Okular hinzugefügt (gut 290-fache Vergrößerung)

Anmerkungen

Jeder wird für sich selbst entscheiden, ob er Zahlen oder Grafiken vorzieht. Auf jeden Fall kommt mit diesem Tool schnell zu Ziel. Allerdings musste ich meine Daten immer wieder neu eingeben, weil sich das Tool diese nicht merkte. Auch konnte ich keine neuen Okulare hinzufügen, um auf diese Weise Arbeit zu sparen...

Anmerken möchte ich noch, dass gleich große Kreise zwar bedeuten, dass der Himmelsausschnitt identisch ist, der "Seheindruck" kann jedoch unterschiedlich sein, weil die Vergrößerung der Okulare unterschiedlich sein kann und in der Folge die Austrittspupille (und der scheinbare Sehwinkel, der durch den Okulartyp vorgegeben ist). Dieser Umstand wird in meinem Augen im FOV Calculator nicht ausreichend deutlich gemacht.

 

Abschluß

Auf dieser Seite zeige ich noch einmal das Ergebnis meiner Brennweitenempfehlungen für Okulare auf der Grundlage der Austrittspupille. Dann wende ich diesen Ansatz noch einmal auf einen Stand meiner Ausrüstung in der Vergangenheit an, um zu sehen, wie nützlich sie sind. Und schließlich zeige ich einen alternativen grafischen Ansatz, der Astronomy Tools verwendet und auf den mich ein Sternfreund hingewiesen hat. Hier habe ich also einen "zahlenbasierten" und einen grafischen Ansatz gezeigt. Für welchen Ansatz man sich bei der Okularwahl entscheidet, ist letztendlich eine Frage der persönlichen Vorlieben...

 

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07.10.2024