Einführung | Wo stehen wir mit Version 1.2? | Was fehlt (immer) noch? Was könnte man sich noch wünschen? | Probleme, auf die andere stießen... | Hat sich meine generelle Einschätzung verändert, und wenn ja, wie? | Abschluss | Links
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Auf dieser Seite stelle ich mein drittes Fazit (März 2021) zu meinem elektronischen 4,5"-Newton-Teleskop Unistellar eVscope (Mitte November 2017 bei Kickstarter beteiligt, am 27.1.2020 eingetroffen) zusammen, das den App-Versionsstand 1.2 reflektiert. Anfang Juli 2022 wurde App-Version 2.0 veröffentlicht, die völlig anders aufgebaut ist als die erste App-Version.
Hinweis: Ich muss erwähnen, dass das Wetter Anfang 2021 so schlecht war, dass es zu wenige Gelegenheiten gab, um diese App-Version wirklich gründlich zu testen. Und bereits am 20, Mai 2021 erschien die Nachfolgeversion 1.3.
Weitere Hinweise:
Hinweis: Anfang Dezember 2021 habe ich ein im Oktober bestelltes eVscope 2 erhalten (ich hatte es bestellt, weil ich mich die bessere Bildqualität und das etwas größere Gesichtfeld überzeugt hatten). Deshalb habe ich mein eVscope Mitte März 2022 verkauft. Aus diesem Grunde werde ich an dieser Stelle keine weiteren Erfahrungen mit diesem Teleskop mehr berichten. |
Im November 2017 habe ich über den "Abenteuer Astronomie"-Newsletter vom Unistellar eVscope zum ersten Male erfahren. Bereits seit einigen Wochen lief eine Kickstarter-Kampagne zu diesem neuartigen Teleskop, das man der "elektronisch unterstützten Astronomie" (electronically augmented astronomy, EAA) zurechnen kann, und ich habe mich auch beteiligt (die Kampagne lief bis zum 24.11.2017 mit am Ende über 2100 Unterstützern und über 2 Millionen Dollar Unterstützungskapital). Leider war es jedoch schon viel zu spät, um noch eines der beiden günstigen Angebote zu ergattern. Mein eVscope wurde Ende Januar 2020 ausgeliefert.
Fotos: Mein eVscope (Ende Januar 2020)
Im Januar 2021 erschien die App-Version 1.2. Diese Version bietet weitere Funktionen und Neuerungen, die ich hier kurz und auf Seite Erste Erfahrungen Teil 4 ausführlicher darstelle. Sie bietet mir die Gelegenheit, ein weiteres Mal Bilanz zu ziehen und zu fragen, wie weit das eVscope seine Ziele und die Wünsche seiner Besitzer erreicht hat - und was aus meiner Sicht und der von anderen noch zu tun wäre, um das eVscope, im Rahmen seiner technischen Grenzen, zum "idealen Teleskop" zu machen.
Die neue App-Version 1.2 vom Januar 2021 bietet laut App Store die folgenden Neuerungen (in meinen eigenen Formulierungen):
Hinweis: iOS11 wird nicht mehr unterstützt
Die größte Neuerung sind sicher die neuen Citizen Science-Modi, die für mich allerdings weniger relevant sind. Und viele meiner Wünsche sehe ich nicht erfüllt...
Zur App-Version 1.1 habe ich geschrieben:
Die für mich immer noch bestehenden Hauptprobleme der App sind ihre Instabilität, die häufigen WLAN-Verbindungsabbrüche, die Enhanced Vision-Modus-Abbrüche und diverse kleine Nicklichkeiten (plötzlicher Wechsel in den Beobachter-Modus, Deaktivierung bestimmter Tasten ohne ersichtlichen Grund, ...), die das Arbeiten mit dem eVscope manchmal zur Geduldsprobe machen und einem dem Spaß verderben können. Der App fehlt also immer noch eine ausreichende Stabilität und Zuverlässigkeit. Anderserseits habe ich mich an die Abläufe gewöhnt und empfinde sie als einfach und verständlich.
Außerdem, und schon lange, wünsche ich mir eine Aufzeichnung der Aufnahmedaten, die in verschiedener Form denkbar ist:
- als Zusatz zum Dateinamen (Verweildauer in Enhanced Vision-Modus, Katalognummer sofern vorhanden)
- unter dem Bild in einem rechteckigen Feld (dieselben Daten wie beim runden Overlay)
- in den Exif-Daten (alles) oder als eigene (zusätzliche) Textdatei (alles)
Dies kann ich einfach für App-Version 1.2 wiederholen! Es kann sein, dass die Probleme nun seltener auftauchen, aber das kann ich nicht wirklich beurteilen...
Es kann sein, dass sich die Aufnahmedaten (und sogar die Einzelbilder) in den Daten befinden, die auf den SETI-Server übertragen werden, aber letztendlich habe ich keinen Zugriff auf diese Daten, obwohl dies für die Zukunft von Unistellar versprochen worden war, so dass mir dies nicht hilft.
Der Mosaik-Modus und die Möglichkeit, benutzerdefinierte Objekte abzuspeichern bleiben weiterhin auf meiner Wunschliste. Aber ich habe gesehen, dass einige eVscope-Besitzer selbst Mosaik-Aufnahmen erstellt haben.
Die Wünsche aus der App-Version1.1-Zeit sind also bisher nicht erfüllt worden und blieben auf meiner Wunschliste. Aber inzwischen sind weitere Wünsche hinzugekommen, auch dadurch, dass ich meine Erfahrungen mit denen anderer eVscope-Besitzer vergleichen konnte (z.B. durch den Besuch von Foren oder das Anschauen von Videos).
Die Bildqualität war für mich von Angfang an ein Schwachpunkt des eVscopes, insbesondere die Aufnahmen des Orionnebels M 42. Ich hatte immer gehofft, dass die Aufnahmen des endgültigen Produktes besser werden würden als die der Prototypen, aber meine Eindruck ist eher der Umgekehrte. Vielleicht wurden für die Prototypen sogar bessere Tuben verwendet als im Produkt. Nachdem ich mir in Erwartung des eVscopes eine Atik Infinity-Kamera zugelegt hatte, musste ich feststellen, dass ich mit dieser erheblich bessere Ergebnisse am Orionnebel erzielen kann als mit dem eVscope. Das hat sich auch im Laufe der Zeit nicht grundlegend geändert, außer dass ich inzwischen manuell etwas besser belichten kann und so zu besseren Resultaten komme als am Anfang.
Mein Eindruck war und ist, dass die Bildbearbeitungssoftware des eVscopes mit seinen Entrauschungsalgorithmen die Fotos zu sehr "glattspült". Zudem werden hohe Kontraste nicht gute bewältigt. Inzwischen konnte ich meine Meinung mehrfach in Tests (siehe die Tests von Kai von Schauroth und Jan Hattenbach) und in einem Video bestätigt finden, auch dass die Fotos in den Tiefen und Lichtern zu stark komprimiert werden, so dass die Lichter ausfressen. Alles in allem bleibt für mich das Gefühl, dass mehr "drin" ist und die Hoffnung, dass Unistellar eines Tages nachbessern wird (z.B. die Rauschminderung einstellbar oder abschaltbar zu machen).
Mit App-Version 1.1 wurde die "manuelle" Belichtungssteuerung für den Enhanced Vision-Modus verändert. Nun kann man "Belichtung" und "Hintergrund" mit Reglern einstellen (die ein aufnahmebedingtes merkwürdiges Verhalten zeigen, auch wenn Fotos verworfen werden; aber inzwischen habe ich mich darauf eingestellt...). Einem Video von Unistellar zufolge setzen diese Regler den Schwarz und den Weißpunkt.
Inzwischen (Ende März 2021) ist das eVscope bei einigen Besitzern viele Monate oder sogar über ein Jahr, und es wurde auch eine Reihe von Tests in Zeitschriften oder im Internet veröffentlicht; dazu kommen zahlreiche, oft kontroverse Diskussionen in Astronomieforen. Und so haben sich inzwischen zahlreiche Erfahrungen und Probleme angesammelt, von denen ich einige ausgewählte Probleme, die ich bisher noch nicht behandelt habe, ansprechen möchte.
Kai von Schauroth bemängelt in seinem Test des eVscopes (astronomie - Das Magazin, Heft März 2021) dessen Wind- und Berührungsanfälligkeit und führt diese auf die mangelnde Statilität des Stativs zurück, wenn die Stativbeine ganz ausgezogen sind. Auch Jan Hattenbach weist in seinem eVscope-Test (Sterne und Weltraum, Heft 10/2020) auf die Windanfäklligekit dehin und dass Fotos im Enhanced-Vision-Modus verworfen werden können. Mir ist eine Windanfälligkeit bisher nicht aufgefallen, aber vielleicht herrscht auf La Palma, wo beide Tests stattfanden, mehr Wind. Vielleicht kommt dieser Unterschied daher, dass von Schauroth die Stativbeine vollständig ausgefahren hat, während ich nur ein Beinelement herausziehe, die dünnsten Beinelemente also nicht benutze. Sein Tipp ist dann auch, diese Beinelemente nicht herauszuziehen. Insofern liege ich mit meiner "intuitiven" Vorgehensweise, die Stativbeine nicht vollständig auszuziehen, wohl richtig...
Von Schauroth hat die Stativbeine (fast) vollständig ausgezogen, weil er das Okular benutzte (auch mit Gästen) und deshalb die entsprechende Höhe benötigte. Ich verwende das Okular dagegen kaum (höchstens meine Frau schaut durch...) und bücke mich, wenn ich durch das Okular schauen möchte.
Erschütterungen durch den Wind oder durch Berührungen führen typischerweise zum Abbruch des Enhanced Vision-Modus oder zumindest zum Verwerfen von Fotos. Erschütterungen durch Berührungen entstehen zum Beispiel, wenn man gegen das Okular, den Tubus oder die Stativbeine stößt, oder auch, wenn man das Okular an seine Augen anpassen will und den Scharfeinstellring dreht. Letzteres kann passieren, wenn man mit mehreren Personen mit dem Okular beobachtet.
Fazit: Mein Folgerung aus all dem ist, die Stativbeine nicht vollständig auszuziehen, mit dem Smartphone zu beobachten und Berührungen des eVscopes möglichst zu vermeiden.
Unistellar war anfangs sehr stolz auf die Qualität des Okulars und war auch der Ansicht, dass es das primäre Beobachtungsmedium sein soll, damit das "eVscope-Erlebnis" so nahe wie möglich an dem der visuellen Beobachtungen dran ist. Für Fotos war das eVscope anfangs eigentlich gar nicht vorgesehen (leider kann ich die entsprechende Bemerkung nicht mehr wiederfinden...). Die meisten eVscope-Benutzer, ich eingeschlossen, haben sich allerdings nicht daran gehalten und lieber mit dem Smartphone als dem Okular beobachtet. Letzteres bietet nicht nur in meinen Augen ein viel besseres Bild, dazu in voller Sensorgröße. Außerdem waren ihnen Fotos der beobachteten Himmelsobjekte von Anfangs an wichtig.
Auf jeden Fall wird in Tests und in Astronomieforen viel über das Okular diskutiert. Für mich spielt es jedoch eine Nebenrolle, weil ich es praktisch nicht benutze. Von mir aus könnte das Okular auch fehlen! Unistellar hat inzwischen wohl auch erkannt, dass das Okular nicht die ihm zugedachte Rolle bei den Nutzern des eVscopes spielt und sie deshalb zu diesem Thema befragt. Die Ergebnisse wurden aber leider nie veröffentlicht. Aber im Mai 2021 wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass Unistellar tatsächlich reagiert und das eVscope eQuinox herausgebracht hatte, dem ein Okular fehlt.
Fazit: In Tests und auch in Diskussionen wird viel über das Okular diskutiert, aber für mich spielt es eine Nebenrolle, so dass ich es in meine Beurteilung des eVscopes nicht weiter einfließen lasse. Und im Mai 2021 hat Unistellar das eVscope eQuinox, herausgebracht, das kein Okular mehr besitzt!
Viele Tester und Benutzer beklagen, dass sich Planeten mit dem eVscope nicht beobachten lassen oder sind mit den erzielbaren Ergebnissen nicht zufrieden. Das eVscope kann aufgrund seiner Konstruktion nur einen festen Himmelsausschnitt von etwa Mondgröße zeigen, und damit werden Planeten zu klein. Unistellar behauptet deshalb auch gar nicht erst, dass das eVscope für Planeten gut geeignet ist. Allerdings werden trotzdem im Unistellar Help Center Hinweise gegeben, wie man den Mond und Planeten mit dem eVscope beobachten kann...
Ich weiß nicht, warum Tester wie Kai von Schauroth oder Jan Hattenbach in Ihren Besprechungen des eVscopes länger über diese Beschränkung "lamentieren". Ein eVscope ist kein "Tausendsassa" und nicht auf die Beobachtung kleiner (kleine Galaxien, kleine planetarische Nebel) und großer (M 31, M 45 usw.) Deep Sky-Objekte (DSO) ausgelegt. In meinen Augen ist die Auslegung des eVscopes durchaus gelungen und ermöglichst die Beobachtung einer Vielzahl von DSO. Auch Anfänger sollten mit gewissen Einschränkungen leben können, auch wenn Planeten reizvoll sein mögen. Die wenigsten Hobby-Astronomen kommen mit einem einzigen Teleskop aus, und so werden sich die meisten eVscope-Anfänger sicher im Laufe der Zeit ebenfalls mit weiteren Teleskopen ausstatten. Ich selbst war übrigens auch mit anderen Teleskopen bisher nicht besonders erfolgreich an Planeten...
Fazit: Für den Mond und die Planeten gibt es geeignetere und viel preiswertere visuelle Teleskope. Für Rich-Field und kleine Objekte bieten sich ebenfalls andere visuelle Teleskope und EAA-Lösungen (Teleskope samt Kamera und Software) an. Auch für Anfänger führt im Laufe der Zeit kein Weg am Zweit- oder Dritt-Teleskop vorbei!
In meinem zweiten Fazit habe ich die Punkte meines ersten Fazits aufgegriffen und überprüft, ob ich die Einschätzungen, die ich dort abgegeben habe, noch teile - und wenn nicht, warum nicht mehr... Dieses möchte ich hier nicht wiederholen, weil sich seitdem kaum neue Aspekte ergeben haben.
Ich muss zugeben, dass ich allmählich ein wenig ungeduldig werde, weil auch nach über einem Jahr bestimmte technische Probleme, vor allem mit der App, einfach nicht aufhören zu existieren. Dazu rechne ich vor allem App-Abstürze, Verluste der Kontrolle als Operator und auch unerklärliche Abbrüche des Enhanced Vision-Modus.
Ärgerlich sind auch die WLAN-Abbrüche; sie treten auf, sobald man sich etwas weiter vom eVscope entfernt. Aber hier habe ich wenig Hoffnung auf Besserung, weil ich erfahren habe, dass das eVscope von einem Raspberry Pi-Computer gesteuert wird, dessen WLAN-Reichweite ungenügend ist (ob die Vaonis-Teleskope, die eine bessere WLAN-Reichweite zu haben scheinen, ebenfalls dieses Board verwenden, weiß ich nicht...). Der Traum, das eVscope im Winter von der warmen Küche aus steuern zu können, wird wohl ein Traum bleiben müssen! Möglichwerweise könnten WLAN-Repeater eine Lösung darstellen, aber ich habe dazu bisher nichts erfahren können und konnte diese Lösung auch nicht selbst ausprobieren.
Ich bin froh, an der Kickstarter-Kampagne für das eVscope teilgenommen zu haben, es relativ frühzeitig ausgeliefert bekommen zu haben und es trotz eines ziemlich holperigen Starts bereits ausführlich nutzen zu können. Ich werde es nicht mehr hergeben - und hoffe, dass diese Meinung noch eine ganze Reihe von Jahren Bestand haben wird (und das eVscope auch). Vielen Dank Unistellar für dieses tolle Teleskop! Andererseits erwarte ich von Unistellar einiges an Aktivitäten und Verbesserungen, nachdem sich der Staub gelegt hat und die meisten eVscopes aus den Kampagnen ausgeliefert wurden. Ich muss zugeben, dass ich allmählich ein wenig ungeduldig werde...
30.07.2023 |