Einführung | Vergleich mit Zeichnungen oder Fotos | Plate Solving | Vorläufiges Fazit | Links | Anhang: All Sky Plate Solver und Nova.astrometry.net
Auf dieser Seite gehe ich der Frage nach, wie man bestätigen kann, dass man tatsächlich das beabsichtigte Himmelsobjekt fotografiert bzw. gesehen hat. In vielen Fällen ist dies einfach, weil das Himmelsobjekt ein charakteristisches Aussehen hat und weil keine ähnlichen Objekte in der Nähe sind. Bei offenen Sternhaufen hingegen oder auch bei kleinen Galaxien komme ich immer wieder "ins Schleudern", vor allem, wenn ich diese fotografieren möchte. Für diesen Fall, also das für das Fotografieren von Himmelsobjekten, habe ich nun eine für mich anfänglich überraschende Lösung gefunden: sogenannte "Plate Solving"-Programme. Doch zunächst möchte ich noch etwas weiter ausholen...
Hinweise:
Die Grundfrage, die ich hier diskutieren möchte, ist also, wie ich feststellen kann, ob das, was ich im Okular oder auf dem Computerbildschirm sehe, auch wirklich das gesuchte Himmelsobjekt ist. Je nachdem, ob ich rein visuell beobachte oder Fotos der Himmelsobjekte aufnehme, gehe ich unterschiedlich vor, um diese Frage zu beantworten.
Wenn ich Deep-Sky-Objekte "visuell" beobachte, passiert es oft, dass ich gar nichts, nur einen schwachen Schimmer oder ein paar verstreute Sterne sehe. Ist also dieser Schimmer das gesuchte Objekt oder sind die "paar Sterne" der gesuchte Sternhaufen? Wenn ich die Objekte "händisch" angefahren habe, kann ich mich fragen, ob ich überhaupt an der richtigen Stelle gesucht habe. Aber oft bin ich mir sicher, dass das Teleskop auf die richtige Himmelsposition zeigt, und wenn ich dann gar nichts sehe, dann sind die Bedingungen wohl zu schlecht für einen Fund... Und wenn ich "etwas" sehe, dann handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um das gesuchte Objekt. Und wie dieses unter besseren Bedingungen aussehen könnte, finde ich dann in Büchern oder im Internet. Doch dazu später mehr!
Als ich eine GoTo-Steuerung erwarb, dachte ich zunächst, dass ich nun ziemlich sicher sein kann, dass das Teleskop auf die richtige Himmelsposition zeigt. Aber inzwischen habe ich gelernt, dass ich auch beim GoTo-Zugang, sogar wenn ich das StarSense-Modul verwende, mir längst nicht immer sicher sein kann, dass auf das richtige Objekt gezielt wurde. Hier kommt also noch die Komplikation hinzu, dass das, was ich gesehen habe, auch etwas anderes sein könnte. Wieder kann nur ein Vergleich mit Abbildungen aus Büchern oder dem Internet weiter helfen. Mein Problem dabei ist jedoch, dass ich erst lange nach der Beobachtung in die Bücher schaue und kaum noch weiß, wie das Objekt im Okular ausgesehen hat. Manchmal kann ich dann trotzdem eine Entscheidung treffen, weil das Objekt charakteristische Eigenschaften hat, die jeden Zweifel ausschließen, oft jedoch auch nicht...
Bei rein visuelle Beobachtung verlasse ich mich also mehr oder weniger darauf, dass ich das Objekt auch wirklich gefunden habe, wenn ich etwas im Okular gesehen habe. Ich denke, dass das auch in Ordnung ist, vor allem, wenn das Objekt nicht zu schwer zu finden war. Beim Fotografieren von Himmelsobjekten, zum Beispiel mit der Atik Infinity-Kamera, ist die Situation jedoch etwas anders.
Zunächst einmal zu den erfolgreichen Funden! Anders als bei der visuellen Beobachtung liefert die Fotografie ein Ergebnis, das man in aller Ruhe mit Fotos oder Zeichnungen aus Büchern oder dem Internet vergleichen kann. Meine Quellen, die ich bevorzugt verwende, beschreibe ich weiter unten. Außerdem liefert die Kamera ein Ergebnis, das mehr dem anderer Kameras als dem visuellen Eindruck ähnelt. Deshalb gelingt der Vergleich mit Fotos meistens besser als der mit Zeichnungen, die üblicherweise dem visuellen Eindruck entsprechen. Aber ich verwende oft beides, um zu sehen, wie sich die einzelnen Darstellungen unterscheiden und ergänzen.
Nun zu den nicht so erfolgreichen "Funden"! Auch mit dem StarSense-Modul findet die GoTo-Steuerung leider nicht immer das richtige Ziel, was sicher auch dem kleinen Bildausschnitt der Atik Infinity-Kamera geschuldet ist. Manchmal gelingt es mir dann doch noch, das gewünschte Objekt "einzufangen", besonders wenn sein Aussehen charakteristisch ist. In anderen Fällen, nämlich offenen Sternhaufen, um die es hier besonders geht, sehe ich dank der hohen Empfindlichkeit der Kamera einen mehr oder weniger deutlichen "Haufen Sterne" und versuche dann die Gegend mit der "höchsten Sternkonzentration" einzufangen, in der Hoffnung, dass es sich dabei um den gesuchten offenen Sternhaufen handelt. Die Fotos sehen zunächst auch ganz zufriedenstellend aus... Aber wenn ich meine Fotos mit Fotos oder Zeichnungen aus Büchern oder dem Internet vergleiche, kann ich bei einigen leider nicht die Spur einer Übereinstimmung finden. Offensichtlich hatte ich etwas ganz anderes fotografiert als beabsichtigt - aber was?
Zunächst hatte ich die naheliegende Idee, mit Hilfe von Astronomieprogrammen die Umgebung des "unbekannten Objekts" nach passenden Mustern abzusuchen. Aber meine Erfahrungen mit diesen Programmen sind bisher so, dass ich kaum eine Beziehung zwischen dem, was die Kamera fotografiert hat, und dem, was die Programme zeigen, herstellen konnte. Mit anderen Worten, die Programme sind mir bei der Suche leider keine Hilfe.
Also suchte ich nach anderen Lösungen. Und da fiel mir der Begriff "Plate Solving" ein, der für Algorithmen steht, die erkennen können, welchen Himmelsausschnitt eine Kamera oder ein Foto zeigt. Ich war schon einmal im Zusammenhang mit dem eVscope über diesen Begriff gestolpert, hatte das aber nicht weiter verfolgt, zumal ich für mich keinen praktischen Nutzen darin sah. Nachdem ich aber so viele Misserfolge beim Fotografieren offener Sternhaufen hatte, schien mir "Plate Solving" eine Möglichkeit zu sein, herauszufinden, was die Kamera tatsächlich fotografiert hat. Das bestätigte sich auch, als ich auf die Website von Dietrich Kracht stieß, der diese Methode und Programme dazu ausführlich darstellt. Dazu weiter unten mehr!
Für den Vergleich meiner Beobachtungen oder Fotos mit Fotos oder Zeichnungen der entsprechenden Himmelsobjekte verwende ich die im folgenden beschriebenen Quellen.
Umschlag des Deep Sky Reiseführers (5. Auflage) |
Deep Sky Reiseführer: Beschreibung des großen Orionnebels M42 (die Seitenzahl ist im Reiseatlas angegeben), dazu Zeichnungen, wie das Objekt in kleinen Teleskopen unter verschiedenen Sichtbedingungen erscheint |
Deep Sky Watch ist eine Website von Michael Vlasov aus Israel, der eine Vielzahl von Zeichnungen von Deep Sky Objekten dort veröffentlich hat. Hier als ein Beispiel der Orionnebel M 42/43: Skizze des Orionnebels von Michael Vlasov (Copyright © Michael Vlasov 2016) - gezeigt mit Erlaubnis des Autors |
Fotos von Deep Sky Objekten finden sich in vielen Büchern und an vielen Stellen im Internet. Oft hilft dort eine Suche oder eine Suche in Wikipedia. Dies sind die Quellen, die ich neben Wikipedia verwende:
Umschlagvorderseite des Atlas für Himmelsbeobachter von 2016 |
Doppelseite mit Fotos von Deep-Sky-Objekten |
Gesamtumschlag des Atlas für Himmelsbeobachter von 2022 |
Typische Doppelseite mit Beschreibungen, Fotos und Karten |
Hinweis: Die farbigen Fotos im Atlas für Himmelsbeobachter von 2022 korrespondieren ganz gut mir meinen Fotos (eVscope(2), Vespera).
Nun komme ich endlich zu der Frage, wie ich feststellen kann, welchen Himmelsausschnitt meine Fotos zeigen. Die Antwort, die ich gefunden habe, lautet: mit Plate Solving-Programmen. Aber was ist das? Die folgenden Informationen über "Plate Solving" habe ich auf der Website von Dietrich Kracht gefunden. Da ich das Ganze selbst nicht besser ausdrücken kann, zitiere ich hier von seiner Website (mit leichten Veränderungen):
Was ist Plate Solving?
Anwendungsbereiche von Plate Solving
Lösungen zum Plate Solving
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Auf Dietrich Krachts Website finden sich viele weitere Informationen zum Plate Solving und zu den Programmen, die er verwendet. Insbesondere bin ist zuallererst auf seine Beschreibung des Programms All Sky Plate Solver von Giovanni Benintende gestoßen. Diese hat mir ermöglicht, relativ zügig mit diesem Programm zurecht zu kommen.
Hinweis: Wer etwas mehr über All Sky Plate Solver und Nova.astrometry.net wissen möchte, kann den Anhang lesen. Wer sich jedoch für eine einfache Lösung interessiert, sollte auf Seite Wie kann man Funde bestätigen? (Teil 2) fortfahren, um mein Vorgehen mit Nova.astrometry.net kennenzulernen!
Mit All Sky Plate Solver/Stellarium und Nova.astrometry.net habe ich dank der Website von Dietrich Kracht zwei Lösungen gefunden, die auf recht einfache Weise ermitteln, welchen Himmelsausschnitt und welche Himmelsobjekte meine Atik-Infinity-Kamera (oder jede beliebige andere Kamera) fotografiert hat.
Aktualisierung (2022): Ich verwende inzwischen nur noch Nova.astrometry.net (auch, weil es mir den Umweg über Stellarium (auf dem Mac) und über Windows erspart), und zwar vor allem für Fotos, die ich mit dem eVscope (2) und dem Vespera aufgenommen habe. Siehe Seite Wie kann man Funde bestätigen? (Teil 2), um mein Vorgehen mit Nova.astrometry.net kennenzulernen!
Da es auf der Website von Dietrich Kracht eine gute Anleitung zum Programm All Sky Plate Solver gibt, hier nur ein paar Bildschirmabzüge und Anmerkungen von mir! Das folgende Bild zeigt die Ergebnisse eines Plate-Solving-Prozesses, den ich mit einem meiner Fotos habe durchführen lassen:
Die wesentlichen Informationen sind, wie schon oben angegeben, die Werte für RA, Dec und den Rotationswinkel. Die Koordinaten gelten für das Zentrum des Fotos! Die Schaltfläche "Browse solved image" führt zu einem Dialogfenster, welches das verwendete Foto mit weiteren Informationen (z.B. DSOs) zeigt:
Wenn man mehrere Fotos berechnen lassen möchte, empfiehlt sich die Funktion "Sequence analysis..." im Menü "Tools", für die man natürlich etwas Zeit mitbringen muss. Hier eine Ergebnistabelle für Fotos, bei denen ich im Zweifel war, das gesuchte Objekt gefunden zu haben:
Auf meinem Apple Macintosh funktioniert leider der Trick mit dem grünen Dreieck im Spaltenkopf "File name" nicht, und so kann ich die Daten leider nicht nach Excel übertragen (ich besitze kein Excel für Windows, nur für den Macintosh). Das ist leider ein bisschen ärgerlich...
Nun habe ich zwar die Koordinaten, auf die die Kamera gezeigt hat, aber mehr weiß ich eigentlich noch nicht. Im "Browse"-Fenster werden zwar Deep Sky-Objekte angezeigt, aber wenn man daneben gezielt hat, hilft einem das wenig, denn das entsprechende Objekt ist ja gar nicht mit drauf. Also habe ich meine Astronomie-Programme durchprobiert, mit welchem ich am einfachsten zum Ziele komme. Zu meiner Überraschung siegte Stellarium!
Mit den Daten für R.A. und Dec. (J2000) gehe ich nun also ins Programm Stellarium, um herauszufinden, was meine Atik Infinity tatsächlich fotografiert bzw. wie weit sie daneben gezielt hat. Zunächst habe ich jedoch die Daten des Kamera-Sensors und des Teleskops in Stellarium eingegeben und so kann ich mir nun das Gesichtsfeld der Kamera anzeigen lassen. Anfangs habe ich vergessen, den Rotationswinkel einzugeben (das geschieht im Okular-Erweiterungsmodul beim Sensor), aber so wichtig ist das nicht, denn ich möchte ja nur grob wissen, wie weit die GoTo-Steuerung daneben lag. Ganz sicher bin ich mir auch noch nicht, dass ich den Winkel korrekt eingebe (siehe weiter unten).
Zunächst suche ich in Stellarium nach dem Objekt selbst, das dann vom Programm zentriert und markiert wird. Dann gebe ich die Positionsdaten von All Sky Plate Solver im Suchfeld ein und bekomme den entsprechenden Himmelsausschnitt mit Drumherum angezeigt (bei dem folgenden Foto habe ich auch den Drehwinkel eingegeben). Hier zeige ich das Ergebnis für die oberste Zeile in der obigen Ergebnistabelle (offener Sternhaufen M 41; RA: 06:53:44; Dec: -21:02:50; Rotationswinkel: -123,92°):
Zugegebenermaßen habe ich einige Zeit benötigt, bis ich mir eine einigermaßen praktische Prozedur für die Anzeige des Himmelsausschnittes zurecht gelegt hatte. Und insgesamt braucht das Ganze auch seine Zeit - Grund genug, nach Alternativen zu schauen...
Nova.astrometry.net ist eine Alternative zu All Sky Plate Solver (Anleitung für Nova.astrometry.net von Dietrich Kracht), sofern man mit dem Internet verbunden ist (es gibt wohl unter Windows auch eine Möglichkeit, offline zu arbeiten). Auch hier geht man von Fotos aus, die man jedoch auf die Website hochlädt und dort auswerten lässt.
Als ich Nova.astrometry.net ausprobierte, stellte ich fest, dass man zumindest bei der Beurteilung der Position am Himmel schneller zum Ziel kommt, denn man bekommt Himmelskarten gleich mitgeliefert.
Ich habe nur wenige Fotos mit beiden Methoden verglichen, doch die Ergebnisse scheinen identisch oder sehr ähnlich zu sein. Lediglich beim Drehwinkel bin ich noch am Grübeln darüber, was Nova.astrometry.net (oder All Sky Plate Solver...) mir damit sagen will.
Hier sind die Ergebnisse von Nova.astrometry.net zum gleichen Foto:
Center (RA, Dec): (103.437, -21.050), Center (RA, hms): 06h 53m 44.918s, Center (Dec, dms): -21° 02' 58.745"
Size: 41.2 x 30.8 arcmin
Radius: 0.428 deg
Pixel scale: 1.77 arcsec/pixel
Orientation: Up is 304 degrees E of N
Beschriftetes Originalfoto |
Lage des Kamera-Ausschnittes am Himmel |
Offensichtlich interpretiert Nova Astrometry.net den Drehwinkel anders als All Sky Plate Solver (oder ich...). Wenn ich jedoch in Stellarium den Wert von Nova Astrometry.net eingebe (304 Grad), bekomme ich die gleiche Orientierung für den Rahmen wie auf der Website.
Offener Sternhaufen M 50 (RA: 7:03:57; Dec: -8:11:57; Rotationswinkel: -127,06°; zweite Zeile in der Tabelle oben):
Hier habe ich den Drehwinkel wie in Astrometry.net eingestellt (307 Grad) und konnte ihn anhand einiger Sterne verifizieren. Ich muss also noch darüber nachdenken, was der von All Sky Plate Solver angegebene Rotationswinkel bedeutet.
Hier sind die Ergebnisse von Nova Astrometry.net zum gleichen Foto (hier sind die Abweichungen etwas größer):
Center (RA, Dec): (105.992, -8.200), Center (RA, hms): 07h 03m 58.084s, Center (Dec, dms): -08° 11' 58.634"
Size: 41.1 x 30.7 arcmin
Radius: 0.428 deg
Pixel scale: 1.77 arcsec/pixel
Orientation: Up is 307 degrees E of N
Beschriftetes Originalfoto |
Lage des Kamera-Ausschnittes am Himmel |
28.04.2024 |