In ihrem Werk "Besternte Ernte" offerieren Robert Gernhardt und F. W. Bernstein den Gedichtszyklus "Worte zu Bildern". Dieser Zyklus hat mich angeregt, eigene Gedichte zu schreiben, die sich formal daran anlehnen, allerdings ohne sich auf Gemälde zu beziehen. Läßt man eine Zeile weg - und das mache ich manchmal - ist man auch schon wieder verdammt nahe an den Mondschaf-Gedichten von Christian Morgenstern. Merkwürdig...
Beginnen wir jedoch mit dem Originalgedichten von Robert Gernhardt und F. W. Bernstein (der tatsächliche Autor ist nicht genannt, ich tippe aber auf Robert Gernhardt):
Zu Pieter Breughels Bild "Bauernhochzeit" |
Zu Leonardo da Vincis "Mona Lisa" |
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Zum Schrein, wie er die Fläche füllt, die von Figuren überquillt, von Leuten groß und klein - zum Schrein! |
Zum Brüll'n, wie manches lange Jahr er vor der Leinwand tätig war, anstatt sie zu zerknülln - zum Brüll'n! |
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Zu Dürers Handzeichnungen |
Zu Erwin Krautnicks Gemälde "Meine Oma" |
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Zum Heul'n, wieviele tausend Blatt er blindlings vollgezeichnet hat mit Männern, Frauen, Eul'n - zum Heul'n! |
Gekonnt, wie er die Oma bringt, die bäuchlings "La Paloma" singt, von letzten Strahlen übersonnt - gekonnt! |
Zum Schrein,
wie er den Wagen lenkt
und andre von der Fahrbahn drängt
als wär sie gänzlich sein -
zum Schrein!
Genial,
wie er den Puffer wendet,
ohn' dass er - platsch! - am Boden endet,
und das zum x-ten Mal -
genial!
Verrückt,
wie er sein Schwänzchen ringelt
und damit durch die Kneipen tingelt,
was manche Frau entzückt -
verrückt!
Igitt,
wie er den Krieg begründet
und dafür auch noch Kumpels findet,
die gerne ballern mit -
igitt!
Zum Knalln,
wie er den Korken löst,
und selbst dem Opa, der sonst döst,
ist's diesmal aufgefalln -
zum Knalln!
Zum Wein'n,
wie jetzt der Euro steigt,
und die Zentralbank, die stets schweigt,
greift immer noch nicht ein -
zum Wein'n!
Mein Gott,
wie er mit Aktien prahlt,
und über alle Backen stahlt,
doch Morgen schon bankrott -
mein Gott!
Geschenkt,
wie er die Fraun betört,
als ob ein jede ihm gehört,
und nicht an seine denkt -
geschenkt!
Mir reicht's,
wenn ich schon wieder lesel,
das Stroh von diesem, jenem Esel.
Am besten, Leute, streicht's -
mir reicht's!
Gemach,
jetzt bin ich auch mal dran
und stell mich nicht mehr hinten an,
nur schön der Reihe nach -
gemach!
Pardon,
kann ich mal eben schnell vorbei,
ich hab' gerade doch nur zwei
Schlangen, aber im Karton -
pardon!
Moment,
ich habe nur drei Sachen,
das läßt sich doch schnell machen,
und kostet Sie kein' Cent -
Moment!
Gewiss,
Sie waren vor mir dran,
doch draussen steht mein Mann,
der braucht schnell sein Gebiss -
gewiss!
Da schau,
wie er den Seehund knipst,
der aufrecht im Aquarjum sitzt (reim dich, oder ich fress dich...),
als wär's ne Meerjungfrau.
Da schau!
Versagt,
Ich muss wohl mit der Reimwut leben,
doch öfter geht der Reim vorbei - äh - daneben
den Dichtermusen sei's geklagt!
Versagt...
25.11.2009 |